Für die Frage, in welchem Land bei einer Beschäftigung Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind, gilt das so genannte Territorialitätsprinzip. Dieses besagt, dass das jeweilige örtliche Sozialversicherungsrecht desjenigen Staates gilt, in dem gearbeitet wird. Ausnahme: Wenn für die Beschäftigung im Ausland eine wirksame Entsendung (§ 5 SGB IV) der Arbeitnehmer vorliegt, gilt das Sozialversicherungsrecht des Staates, in dem der entsandte Mitarbeiter versichert ist.
Risiko: Liegt keine wirksame Entsendung vor (z.B. der Nachunternehmer betreibt im Entsendestaat lediglich eine „Briefkastenfirma“) gilt für den ausländischen Nachunternehmer das Territorialitätsprinzip, also das deutsche Sozialversicherungsrecht und damit auch die Auftraggeberhaftung nach § 28 e Abs. 3a SGB IV.
Für den deutschen Auftraggeber empfiehlt ist es sich daher dringend zu überprüfen, ob für jeden entsandten Arbeitnehmer des Nachunternehmers eine Entsendebescheinigung vorliegt, die von der ausländischen Sozialversicherungsbehörde ausgestellt wurde.
Bei Entsendungen aus der EU entfaltet die Entsendebescheinigung A1 eine sog. Bindungswirkung. Das bedeutet, dass vom Träger des Entsendestaats ausgestellte Entsendebescheinigungen für die Träger der anderen Mitgliedstaaten so lange verbindlich sind, wie sie nicht von dem Mitgliedstaat, in dem sie ausgestellt wurden, widerrufen oder für ungültig erklärt werden.
Die Bindungswirkung der Entsendebescheinigung bewirkt, dass die Träger der deutschen Sozialversicherung und die Ermittlungsbehörden (Zoll, Staatsanwaltschaft) an die Bescheinigung gebunden sind. Dadurch können keine Sozialversicherungsbeiträge festgesetzt und keine Ermittlungsverfahren eingeleitet werden können, solange die Entsendebescheinigung vom ausländischen Aussteller nicht widerrufen oder für ungültig erklärt wird.
Bei Entsendungen aus einem Staat außerhalb der EU, mit dem Deutschland ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, sind die Regelungen des jeweiligen Abkommens zu beachten. Solche Entsendebescheinigungen entfalten jedoch im Unterschied zur A1 Bescheinigung keine Bindungswirkung, sind aber dem deutschen Auftraggeber als Voraussetzung für eine mögliche Enthaftung für Sozialversicherungsbeiträgen (gem. § 28 e Abs. 3b SGB IV) ebenfalls unbedingt vorzulegen. Entsendebescheinigungen können auch nachträglich von der ausländischen Behörde ausgestellt werden.
Die Vorlage von Entsendebescheinigungen bei grenzüberschreitendem Personaleinsatz ist deshalb dringend zu empfehlen. Sie ist allerdings keine Bescheinigung dafür, dass entsandte Arbeitnehmer auch die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Diese Voraussetzungen sind gesondert zu prüfen.